Samstag, 19. September 2015

Die Äußerungen des Lehramtes und die Freiheit des Gläubigen

Auch wenn es den Anschein haben kann, daß sie (Anm.: die Äußerungen des Lehramtes) die Freiheit der Theologen beeinträchtigten (Anm.: ... und das gilt ebenso für die Freiheit eines jeden Christgläubigen), so richten sie durch die Treue zum überlieferten Glauben eine tiefer reichende Freiheit auf, die nur von der Einheit in der Wahrheit herkommen kann.

Die Freiheit des Glaubensaktes kann das Recht auf Dissens (Anm.: zwischen dem Lehramt der Kirche und der Meinung des Gläubigen) ebensowenig rechtfertigen. Tatsächlich meint sie ja keineswegs die Freiheit gegenüber der Wahrheit, vielmehr die freie Selbstbestimmung der Person im Sinn ihrer moralischen Verpflichtung auf Annahme der Wahrheit.




Das heißt:

Für den Christgläubigen, ob Theologe oder nicht, gibt es kein Recht auf Uneinigkeit ("Dissens") mit dem Lehramt, denn durch das Lehramt der Kirche spricht Gott zu den Menschen. Das Lehramt "legt authentisch die Lehre der Apostel vor und weist (...) die Einwürfe gegen den Glauben und dessen Verfälschungen zurück." (s. Donum veritatis 21)

Gläubige, die die Äußerungen des Lehramtes nicht bejahen, können sich nicht auf den SENSUS FIDEI berufen, denn sie befinden sich nicht in der Einheit des Glaubens. Das bekennende Stehen in der Einheit des Glaubens aber ist die Voraussetzung für den Glaubenssinn des Christen.

Es besteht für den gläubigen Christen eine Verpflichtung, der erkannten Wahrheit zu folgen. Diese Wahrheit hat der Katholik in der Lehre der Kirche gefunden. 


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Auszug aus dem "Kleinen Katechismus":

4. Was heißt glauben?
Glauben heißt, alles für wahr halten, was Gott geoffenbart hat und durch die Kirche zu glauben lehrt.

5. Warum müssen wir alles glauben, was Gott geoffenbart hat? 
Wir müssen alles glauben, was Gott geoffenbart hat, weil Gott nicht irren und nicht lügen kann.
Gottes Wort ist immer wahr. Nur ist für die Menschen manches schwer zu verstehen.

6. Durch wen hat uns Gott geoffenbart, was wir glauben müssen?  
Was wir glauben müssen hat uns Gott geoffenbart
1) im Alten Bund durch die Patriarchen und Propheten,
2) im Neuen Bund durch seinen Sohn Jesus Christus und die Apostel.


7. Wer lehrt uns, was Gott geoffenbart hat? 
Was Gott geoffenbart hat, lehrt uns die katholische Kirche.




Kongregation für die Glaubenslehre
"Donum veritatis" bei stjosef.at

Dienstag, 25. August 2015

Der SENSUS FIDEI und die vom kirchlichen Glauben abweichenden Meinungen der Gläubigen

 
Der Dissens (Anm.: d. h. der Zustand der Uneinigkeit von kirchlichem Lehramt und der Meinung des Gläubigen) zieht ferner zuweilen eine soziologische Argumentation heran, nach der die Meinung einer großen Zahl von Christen direkter und angemessener Ausdruck des „übernatürlichen Glaubenssinns“ wäre.

Tatsächlich können die Meinungen der Gläubigen nicht schlicht und einfach mit dem „sensus fidei“ gleichgesetzt werden.[31]

[Der] „sensus fidei“ [schließt] seiner Natur nach die tiefe Übereinstimmung von Geist und Herz mit der Kirche, das „sentire cum Ecclesia“, ein.





Das heißt:

Der SENSUS FIDEI erschließt sich nur dem gläubigen Katholiken, der die gesamte Lehre der Kirche bejaht - selbst wenn er sie nicht in allen Einzelheiten kennt - und der nach bestem Wissen und Gewissen nach dieser Lehre, die er als wahr erkannt hat, lebt.

Christen, die in "Wirklichkeiten" leben, die dem Willen Gottes und den Weisungen der Kirche nicht entsprechen (z. B. Menschen, die eine Glaubenswahrheit bestreiten; oder sich vom Glauben entfernt haben; denen der Glaube gleichgültig ist; auch wiederverheiratete Geschiedene), können ihre "Lebenswirklichkeiten", die im Grunde Lebenslügen sind, nicht mit einem SENSUS FIDEI, einem übernatürlichen Glaubenssinn, der ihnen eigen wäre, rechtfertigen. Man erkennt schnell, wie absurd eine solche Rechtfertigung ist.

Kongregation für die Glaubenslehre
"Donum veritatis" bei stjosef.at

Sonntag, 23. August 2015

Der SENSUS FIDEI, das kirchliche Lehramt und andere Ideen

Wenn sich (...) der theologale Glaube als solcher nicht irren kann, so kann doch der Gläubige irrige Meinungen haben, weil nicht alle seine Gedanken vom Glauben herkommen.[1]
Die im Volk Gottes umlaufenden Ideen stimmen nicht alle mit dem Glauben überein, zumal sie leicht von einer öffentlichen Meinung beeinflußt werden können, die durch die modernen Kommunikationsmedien gesteuert wird.

Nicht ohne Grund betont das II. Vatikanische Konzil die unauflösliche Beziehung zwischen dem „sensus fidei“ und der Anleitung des Volkes Gottes durch das Lehramt der Hirten: Beide Wirklichkeiten lassen sich nicht voneinander trennen.[2]
Die Äußerungen des Lehramtes wollen die Einheit der Kirche in der Wahrheit des Herrn sicherstellen. Sie helfen zum „Bleiben in der Wahrheit“ angesichts des Willkürcharakters von wandelbaren Meinungen und sind Ausdruck des Gehorsams gegenüber dem Wort Gottes.[3]

 
[1] Vgl. die Formel des Konzils von Trient, VI. Sitzung, Kap. 9: fides „cui non potest subesse falsum“: DS 1534; vgl. Hl. Thomas von Aquin, Summa Theologiae, II-II, q.1, a.3: „Possibile est enim hominem fidelem ex coniectura humana falsum aliquid aestimare. Sed quod ex fide falsum aestimet, hoc est impossibile“.
[2] Dogm. Konst. Lumen gentium 12.
[3] Dogm. Konst. Dei Verbum 10.


Kongregation für die Glaubenslehre: Instruktion "Donum veritatis" über die kirchliche Berufung des Theologen Nr. 35 (24.05.1990)


Das heißt:

Vom kirchlichen Glauben abweichende, irrige Meinungen des Gläubigen oder bestimmte Ideen oder "Lebenswirklichkeiten", die von einigen Gläubigen entgegen den Weisungen der Kirche gelebt werden, können nicht als Ausdruck des SENSUS FIDEI gelten. Sie sind im Gegenteil Ausdruck eines Mangels an übernatürlichem Glaubenssinn.


Kongregation für die Glaubenslehre
"Donum veritatis" bei stjosef.at

Samstag, 22. August 2015

Der SENSUS FIDEI und das Geschenk der Wahrheit

Der SENSUS FIDEI, der GLAUBENSSINN des gläubigen Katholiken, ist...

... eine Eigenart des theologalen Glaubens, der als Gabe Gottes, die das persönliche Ja zur Wahrheit schenkt, nicht irren kann. Dieser persönliche Glaube ist zugleich Glaube der Kirche, denn Gott hat der Kirche die Hut des Wortes anvertraut, und was deswegen der Gläubige glaubt, ist das, was die Kirche glaubt. Daher schließt der „sensus fidei“ seiner Natur nach die tiefe Übereinstimmung von Geist und Herz mit der Kirche, das „sentire cum Ecclesia“, ein.

Kongregation für die Glaubenslehre: Instruktion "Donum veritatis" über die kirchliche Berufung des Theologen Nr. 35 (24.05.1990)


Das heißt:

Der SENSUS FIDEI ist ein übernatürliches Charisma, das sich auf den Glauben der Kirche richtet und im Licht des Glaubens alles andere erleuchtet, einordnet und beurteilt. Der einzelne Gläubige wie die Gemeinschaft der Gläubigen wird durch den Sensus fidei inne, was dem Glauben der Kirche entspricht und was ihm zuwider ist.

Der SENSUS FIDEI ist ähnlich wie eine Intuition: er ist die "Fähigkeit, Einsichten in Sachverhalte, Sichtweisen, Gesetzmäßigkeiten oder die subjektive Stimmigkeit von Entscheidungen zu erlangen, ohne diskursiven Gebrauch des Verstandes, also etwa ohne bewusste Schlussfolgerungen. Intuition ist ein Teil kreativer Entwicklungen. Der die Entwicklung begleitende Intellekt führt nur noch aus oder prüft bewusst die Ergebnisse, die aus dem Unbewussten kommen" (vgl. wikipedia: "Intuition"). 

Der SENSUS FIDEI ist niemals dort zu finden, wo behauptet wird, die unveränderliche Lehre der Kirche sei falsch oder müsse sich ändern. Niemals widerspricht jemand, der den Sensus fidei wirklich empfindet, dem Lehramt der Kirche. Die Kirche ist Säule und Fundament der Wahrheit (s. 1 Tim 3,15), ihr Lehramt hat sie unmittelbar von Gott (Mt 28,17-20 u.a.), verheißen mit göttlicher Unfehlbarkeit durch den Beistand des Heiligen Geistes. 

Auch wenn der einzelne Gläubige nicht alles kennt, was der Glaube umfasst und einschließt, so glaubt und bekennt er im Charisma des SENSUS FIDEI all das, was die Kirche zu glauben vorstellt. Es wäre ihm ein NoGo, in seinem persönlichen Glauben etwas zu verneinen, was die Kirche glaubt; ebenso etwas Unwahres dem Glauben hinzuzufügen oder ihn zu abzuändern.

Ein leuchtendes Beispiel für einen Gläubigen, dem der Sensus fidei eigen und dem nichts wichtiger war als das "sentire cum Ecclesia", das "Fühlen mit der Kirche", ist der Philosoph Dietrich von Hildebrand, der kurz vor seinem Tode seine Ehefrau Alice anwies, alles aus seinen Schriften zu verbrennen, was mit dem Glauben der Kirche nicht in Einklang stehe (s. in: "Die Seele eines Löwen"). Tatsächlich hat sie wohl nichts von seinen Schriften verbrennen müssen...

"Der Glaube der Kirche geht dem Glauben des Einzelnen voraus, der aufgefordert wird, ihm zuzustimmen." (vgl. KKK 1124)

Je mehr der Gläubige in den Glauben hineinwächst, durch Gebet und Heiligung, um so sicherer wird sein Urteil in den Dingen: ob sie dem Glauben gemäß sind oder ihm widersprechen. Das beste Beispiel hierzu geben uns die Heiligen.


Kongregation für die Glaubenslehre
"Donum veritatis" bei stjosef.at