Sonntag, 26. November 2023

Der SENSUS FIDEI - das persönliche Ja zur Wahrheit

 

Der persönliche Glaube ist zugleich auch der Glaube der Kirche


Das „parallele Lehramt“ (Anm.: der Theologen) kann großen geistlichen Schaden stiften, wenn es sich dem Lehramt der Hirten widersetzt. Gelingt es dem Dissens nämlich, seinen Einfluß bis in die öffentliche Meinung hinein auszudehnen, um zur Regel für das Handeln zu werden, kann das dem Volk Gottes nur schweren Schaden zufügen und zur Mißachtung der wirklichen Autorität führen.[0]

35. Der Dissens zieht ferner zuweilen eine soziologische Argumentation heran, nach der die Meinung einer großen Zahl von Christen direkter und angemessener Ausdruck des „übernatürlichen Glaubenssinns“ wäre.

Tatsächlich können die Meinungen der Gläubigen nicht schlicht und einfach mit dem „sensus fidei“ gleichgesetzt werden.[1] Dieser ist nämlich eine Eigenart des theologalen Glaubens, der als Gabe Gottes, die das persönliche Ja zur Wahrheit schenkt, nicht irren kann. Dieser persönliche Glaube ist zugleich Glaube der Kirche, denn Gott hat der Kirche die Hut des Wortes anvertraut, und was deswegen der Gläubige glaubt, ist das, was die Kirche glaubt. Daher schließt der „sensus fidei“ seiner Natur nach die tiefe Übereinstimmung von Geist und Herz mit der Kirche, das „sentire cum Ecclesia“, ein.

Wenn sich daher der theologale Glaube als solcher nicht irren kann, so kann doch der Gläubige irrige Meinungen haben, weil nicht alle seine Gedanken vom Glauben herkommen.[2] Die im Volk Gottes umlaufenden Ideen stimmen nicht alle mit dem Glauben überein, zumal sie leicht von einer öffentlichen Meinung beeinflußt werden können, die durch die modernen Kommunikationsmedien gesteuert wird. Nicht ohne Grund betont das II. Vatikanische Konzil die unauflösliche Beziehung zwischen dem „sensus fidei“ und der Anleitung des Volkes Gottes durch das Lehramt der Hirten: Beide Wirklichkeiten lassen sich nicht voneinander trennen.[3] Die Äußerungen des Lehramtes wollen die Einheit der Kirche in der Wahrheit des Herrn sicherstellen. Sie helfen zum „Bleiben in der Wahrheit“ angesichts des Willkürcharakters von wandelbaren Meinungen und sind Ausdruck des Gehorsams gegenüber dem Wort Gottes.[4] Auch wenn es den Anschein haben kann, daß sie die Freiheit der Theologen beeinträchtigten, so richten sie durch die Treue zum überlieferten Glauben eine tiefer reichende Freiheit auf, die nur von der Einheit in der Wahrheit herkommen kann.

 

[0] Vgl. Johannes Paul II., Enzykl. Redemptor Hominis: AAS 71 (1979) 308; Ansprache an die Gläubigen in Managua, 4. März 1983, 7: AAS 75 (1983) 723; Ansprache an die Ordensleute in Guatemala, 8. März 1983, 3: AAS 75 (1983) 746; Ansprache an die Bischöfe in Lima, 2. Februar 1985, 5: AAS 77 (1985) 874; Ansprache an die Konferenz der belgischen Bischöfe in Mecheln, 18. Mai 1985, 5: Insegnamenti di Giovanni Paolo II, VIII, 1 (1985) 1481; Ansprache an einige amerikanische Bischöfe bei ihrem Besuch ad-limina, 15. Oktober 1988, 6: L’Osservatore Romano, 16. Oktober 1988, S.4.

[1] Vgl. Johannes Paul II., Apost. Schreiben Familiaris consortio 5: AAS 74 (1982) 85–86.

[2] Vgl. die Formel des Konzils von Trient, VI. Sitzung, Kap. 9: fides „cui non potest subesse falsum“: DS 1534; vgl. Hl. Thomas von Aquin, Summa Theologiae, II-II, q.1, a.3: „Possibile est enim hominem fidelem ex coniectura humana falsum aliquid aestimare. Sed quod ex fide falsum aestimet, hoc est impossibile“.

[3] Dogm. Konst. Lumen gentium 12.

[4] Dogm. Konst. Dei Verbum 10.

(Anm.: Hervorhebung durch Fettdruck von Fidelis)

Auszug aus: Kongregation für die Glaubenslehre: Instruktion über die kirchliche Berufung des Theologen 24.05.1990

 

Kommemtar:

Leider müssen wir dieses "Parallele Lehramt" derzeit erleben in Form der Unterstützung einiger Theologen für den sog. "Synodalen Weg". So werden viele Gläubige, auch Priester und sogar Bischöfe, verunsichert, was die authentische Lehre der Kirche betrifft. Geschwächt durch eine seit Jahren und bereits Jahrzehnte andauernde Misere der Katechese und  einer fundierten Ausbildung erliegen sie den Vorstellungen und Forderungen derer, die die Lehre der Kirche dem Zeitgeist anpassen wollen. Ein großer Mainzer Theologe unterschied einmal zwischen "gläubiger" und "ungläubiger Theologie"...


s. auch: 

Ein Neuer Anfang: "Eine Zwangsjacke für den Heiligen Geist" von Dominik A. Thomas


 

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